Die frühen Anfänge

Die Anfänge des Antisemitismus

Antijüdische Politik und antijüdische Aktivitäten begannen nicht erst im Jahr 1933. Seit Jahrhunderten und in vielen Ländern sind die Juden Opfer destruktiver Bestrebungen gewesen. Im Verlauf der abendländischen Geschichte wurde nacheinander auf dreierlei Weise gegen das Judentum in der Diaspora vorgegangen.

Die erste antijüdische Politik setzte im 4. Jahrhundert n. Chr. in Rom ein. Im frühen 4. Jahrhundert hatte das Christentum unter der Herrschaft Konstantins in Rom zunehmend an Einfluss gewonnen, um schließlich zur Staatsreligion zu werden. Seid dieser Zeit machte der Staat Kirchenpolitik. In den folgenden zwölf Jahrhunderten bestimmte die katholische Kirche, wie hinsichtlich der Juden zu verfahren sei. Zum Verständnis der christlichen Politik muss man wissen, dass die Kirche ihre Bekehrungspolitik nicht so sehr deshalb betrieb, weil sie ihren Einfluss vergrößern wollte, sondern sie vielmehr davon überzeugt war, dass es die Pflicht der Rechtsgläubigen sei, die Ungläubigen vor dem Schicksal des ewigen Höllenfeuers zu bewahren. Das Ausmaß des Bekehrungseifers wurde zum Maßstab der Gläubigkeit. Im Unterschied zu anderen Religionen war die christliche nicht eine unter vielen. Sie war die wahre und allein gültige Religion. Wer sich nicht in ihren Schoß begab, war entweder unwissend oder verblendet. Die Juden weigerten sich, den christlichen Glauben anzunehmen.

Im Altertum und im Mittelalter ließen sich die Juden nicht vom Judaismus abbringen. Mit Geduld und Ausdauer versuchte die Kirche, das Judentum zu bekehren, und über zwölf Jahrhunderte hinweg focht sie einen Kampf. Doch die Juden ließen sich nicht bekehren. Ganz allmählich begann die Kirche, ihren Worten gewaltsam Nachdruck zu verleihen.

Langsam, Schritt für Schritt, ergriff die Kirche Maßnahmen gegen ihre passiven Opfer. Indem sie interkonfessionelle Ehen, die Erörterung religiöser Fragen oder das Wohnen in gemeinsamen Unterkünften mit strengem Verbot belegte. Oder durch das öffentliche Verbrennen des Talmud und den Ausschluss von Juden aus öffentlichen Ämtern. Diese Maßnahmen waren Schulbeispiele antijüdischer Politik. Wie wenig die Kirche ihr Ziel erreichte, offenbart die Behandlung jener relativ bescheidenen Zahl von Juden, die sich der christlichen Religion unterwarfen.

Das Scheitern der Bekehrung hatte weit reichende Konsequenzen. Die erfolglose Kirche begann damit, die Juden als einen besonderen Menschenschlag anzusehen, der sich von den Christen unterschied, der sich dem Christentum verschoss und der dem christlichem Glauben gefährlich werden konnte.

Zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert sahen sich die Juden in England, Frankreich, Deutschland, Spanien, Böhmen und Italien vor Ultimaten gestellt, die ihnen nur eine Wahl ließen: Konversion oder Vertreibung. Vertreibung hieß die zweite antijüdische Politik in der Geschichte des Abendlandes.


Die Politik der Vertreibung und Ausgrenzung wurde von den Nazis übernommen und blieb bis 1941 das Ziel aller antijüdischen Aktivitäten. 1941 markierte eine Wende in der Geschichte des Antisemitismus. Mehrere Millionen Juden waren in Ghettos zusammengetrieben worden. Ihre Auswanderung war unmöglich. Das Judenproblem musste auf irgendeine Weise gelöst werden. In diesem Augenblick kam den Nazis der Gedanke an eine "territoriale Lösung"; diese "territoriale Lösung" oder "Endlösung der Judenfrage in Europa", als die sie bekannt wurde, sah die Auslöschung des europäischen Judentums vor. Dies ist die dritte antijüdische Politik in der Geschichte.

Seid dem 4. Jahrhundert n. Chr. hat es also drei Varianten antijüdischer Politik gegeben: Bekehrung, Vertreibung und Auslöschung.